David gegen Goliath

Der SV Mettlach trifft am 11. Mai im Saarlandpokal-Finale auf den hochfavorisierten 1. FC Saarbrücken. Ein aussichtsloses Unterfangen? Wenn da nicht die Mettlacher Pokal-Tradition wäre. Trainer Werner Weiß hofft jedenfalls auf ein Fußball-Märchen.

Traditionell, innovativ, hochwertig und nachhaltig. Das alles sind Begriffe, die man mit Mettlach assoziiert. Doch eher wenn es um die Bereiche Bad und Wellness oder Tischkultur geht. Villeroy & Boch, mit seinen knapp 9.500 Angestellten, ist das Aushängeschild der Gemeinde. Auch deswegen klingt „Spiel des Jahres“ fast untertrieben, wenn es für den SV 1920 Mettlach am 11. Mai im Dillinger Parkstadion gegen den 1. FC Saarbrücken um den Titel im Saarlandpokal geht. Noch ein Schritt, bis die Blau-Weißen in die 1. Hauptrunde des DFB-Pokals einziehen könnten.

Mettlachs Angreifer Salvatore Frenda
Mettlachs Angreifer Salvatore Frenda kickte in der Jugend für den 1. FC Saarbrücken. Gegen seinen alten Club hofft er auf eine Sensation.

Natürlich geht man als krasser Außenseiter in die Partie. Als Saarlandligist rechnen höchstens die hartgesottenen Fans aus der Keramik-Stadt mit einer Sensation. Und auch dort dürfte sich der Zweckoptimismus gegen die Mannschaft der Stunde aus der Dritten Liga in Grenzen halten. In der Saarlandliga steht man relativ solide in der ersten Tabellenhälfte, auch wenn nach oben lange nichts mehr geht, was an einer alles beherrschenden Mannschaft von Röchling Völklingen liegt. „Meine Spieler haben nur noch dieses Endspiel im Kopf. Es spielt keine Rolle mehr, ob die Mannschaft in der Liga am Ende den dritten oder siebten Platz belegt. Die sind schon alle heiß auf diese Herausforderung“, ist sich der Trainer Werner Weiß sicher. „Dabei muss ich den Jungs auch klarmachen, dass es um viel Geld für den Verein geht. Wir reden hier von 130.000 bis 140.000 Euro“, fährt Weiß fort. Als Weiß die Mettlacher gegen Ende der Saison 2008/2009 übernimmt, kann er den Abstieg aus der Oberliga Südwest in die jetzige Saarlandliga nicht mehr verhindern. Als 18. und damit Letzter musste man, nach dem Aufstieg im Jahr zuvor, die Segel streichen. Meister dieser Oberligasaison wurde übrigens der FCS, der damit die Weichen für die Rückkehr in den Profifußball stellen konnte.

Genau das wünschen sich wohl auch die etwa 3.400 Einwohner der Gemeinde des Landkreises Merzig-Wadern: sich im Deutschen Pokal mit einer der besten Mannschaften des Landes messen. „Wir wollen den Leuchtturm ins Wanken bringen“, so stellt es der 2. Vorsitzende des Vereins, Titus Bungert, bildlich dar. „Für unseren Torwart-Oldie Thomas Beining (46) ist es natürlich noch mal ein Traum, am Ende der Karriere im Finale zu stehen. Aber auch für die jungen Spieler wie Andreas Schug, Pascal Reiter oder Thomas Will ist es eine Freude“, weiß Bungert. Er ist mittlerweile seit 45 Jahren im Verein und hat seitdem alle Höhen und Tiefen miterlebt. Vor 27 Jahren nahm man zum ersten Mal am DFB-Pokal teil. Nachdem man den Saarlandpokal gewann (4:3 im Elfmeterschießen gegen den ASC Dudweiler), wurde den Saarländern der Bayernligist SpVgg Bayreuth zugelost. Nicht gerade Losglück für den SVM, schließlich verlor man bei den Franken deutlich mit 0:7. Es folgte der zweite Triumph im Pokal des Saarländischen Fußballverbandes (SFV) gegen den Überraschungsfinalisten SV 08 Ludweiler-Warndt (1:0). Im DFB-Pokal war man dann mit 0:2 gegen die damalige Bundesligamannschaft von Wattenscheid 09 unterlegen. 1995 gewann man zum dritten und bisher letzten Mal den SFV-Pokal. Im Finale bezwang man Borussia Neunkirchen mit 3:1 nach Verlängerung. Allerdings hatte man bei der 0:4-Niederlage gegen die Hertha aus Berlin keine Chance.
Den Gegner aus Saarbrücken kennt man auch. Bereits im Viertelfinale der vergangenen Saison stand man sich gegenüber. Damals kassierten die Mettlacher zuhause eine 0:2-Pleite. Auch die beiden Saisonspiele der damaligen Oberligasaison verlor man deutlich mit 1:5 und 2:6. Das letzte Aufeinandertreffen der beiden Clubs gab es anlässlich des 90-jährigen Jubiläums der Mettlacher im vergangenen Sommer. Hier setzten sich die Hauptstädter mit 6:0 ebenfalls durch. Was spricht also für den Außenseiter im Duell David gegen Goliath? Werner Weiß dämpft die Erwartungen: „Wir haben nun mal einen sehr begrenzten Kader. Du hast deine Stammformation und zusätzlich noch zwei oder drei junge Spieler. Unsere Spieler werden an diesem 11. Mai alle früh aufstehen und auf die Arbeit gehen, während sich die Profis aus Saarbrücken gemütlich um 10 Uhr beim Training warm machen“, ist sich Weiß bewusst.
Er selbst trainierte schon Mannschaften wie Borussia Neunkirchen oder Eintracht Trier, mit denen er 2008 in die Regionalliga aufstieg. „Damals stiegen wir mit Trier in die Regionalliga auf, während Saarbrücken als Fünftplatzierter noch ein Jahr in der Oberliga verbringen musste“, erinnert sich der SVM-Trainer. Könnte ein gutes Omen für die Kicker von der Saarschleife sein. Zudem stand man in den letzten vier Jahren immer mindestens im Viertelfinale und der Gegner aus Malstatt gewann den Wettbewerb zuletzt in der Saison 2003/2004. Zugegeben waren Jahre dazwischen, wo der FCS im Profifußball aktiv war und somit nicht im saarländischen Pokal vertreten war.

Vor vier Jahren besiegte der SVM den Favoriten im Pokal

Mut machen könnte auch, dass es in den vergangenen Jahren Sieger wie den FC Kutzhof oder Rot-Weiß Hasborn-Dautweiler gab, welche die vermeintlich stärkere Konkurrenz ausschalteten. Außerdem gab es noch das Spiel in der zweiten Hauptrunde der Saison 2007/2008. Damals schlugen die Mettlacher die Blau-Schwarzen sensationell mit 1:0.

Daran erinnert sich auch Titus Bungert noch gerne. „Damals haben wir in unserem Stadion am Schwimmbad schon einmal das Wunder geschafft. Es war ein Spektakel, da wir bei unseren Ligaspielen nur rund 100 bis 150 Zuschauer haben. Saarlandliga und Oberliga sind sozusagen tote Ligen. Wenn man bedenkt, dass man den Schiedsrichter noch bezahlen muss, dann bleibt nicht mehr viel übrig“, bedauert Bungert. Auch Villeroy & Boch, der Hauptsponsor des Vereins, scheint nur begrenzte Mittel zur Verfügung zu stellen. „Wir können hier keine Hochkaräter verpflichten und bauen eher auf unsere gute Jugendkooperation mit Brotdorf und Bachem-Rimlingen, mit der wir in der A-Jugend-Regionalliga aktiv sind.“ Dies ist wohl auch der Grund, warum sich die Wege von Trainer Werner Weiß und dem Verein am Ende der Saison trennen werden. „Mein Ziel war natürlich, die Oberliga zu erreichen. Ich bin erfolgsorientiert und denke, in meiner Zeit auch eine fußballerisch starke Mannschaft geformt zu haben“, erklärt Weiß. „Allerdings hatte ich den Eindruck, der Verein möchte nicht wirklich aufsteigen und ist zufrieden mit dem oberen Mittelfeld der Saarlandliga. Hinzukommt die 40 Kilometer lange Anfahrt zu jedem Training. Ich bin schließlich auch nicht mehr der Jüngste“, so der 58-Jährige.

Darum wird der ehemalige Spieler der Mettlacher, Ralf Schmidt, den Verein ab kommender Saison übernehmen. „Er war zuletzt Trainer beim Lokalrivalen SG Perl/Besch. Wir sind guter Dinge, den richtigen Mann mit ‚Mini‘, wie er aufgrund seiner Körpergröße genannt wird, gefunden zu haben. Wir wollen nächste Saison wieder angreifen und unser Ziel kann nur Platz eins bis vier sein.“ Das Verhältnis zwischen Werner Weiß und Titus Bungert hat unter dieser Entscheidung nicht gelitten. Im Gegenteil, man möchte es gemeinsam anpacken und zum Paukenschlag ausholen. „Wir haben kaum ein Gegentor im Pokal bekommen. Wir haben Homburg fußballerisch zuhause besiegen können und müssen nur aufpassen, dass wir nicht zu früh das erste Gegentor bekommen. Wir wollen dieses Spiel gewinnen“, betont Werner Weiß. Dabei weiß er, wovon er spricht. Mit Trier gewann er den Rheinland-Pokal, als Spieler war er im Saarlandpokal erfolgreich und motivieren braucht er seine Truppe wohl kaum vor diesem Event. „Ich werde mir Saarbrücken gegen Babelsberg anschauen. Sie können sich gegen uns nur blamieren, und wir wollen wiederum für Furore und Gesprächsstoff sorgen.“ Finanziell wäre es für beide Vereine ein Segen. Das Erreichen des Finales im Saarlandpokal steht dazu in keinem Verhältnis. Zusätzlich werden alle Einnahmen dieses Spiels zwischen den teilnehmenden Vereinen und dem Verband gedrittelt.
Im Falle des Wunders von der Saarschleife müsste man im DFB-Pokal wohl auf eine andere Spielstätte ausweichen. Schließlich fasst das Stadion am Schwimmbad nur etwa 4.500 Zuschauer. Das dürfte eindeutig zu wenig sein, falls sich Ribéry oder Barrios kommende Saison auf den Weg ins nördliche Saarland machen müssten.
(Quelle: Forum Wochenmagazin)